Die twitternde Kaffeemaschine

Markus Lezaun – 16. April 2009

Twitter ist wundervoll. Oder auch: Ein völliger Unsinn und bloß ein Zeit fressendes Monster, das keiner braucht. Aber irgendwie ist Twitter erstaunlich: Ich z.B. interessiere mich ein bißchen für Radsport und wenn ich früher mal „Lance Armstrong“ hörte, dachte ich an falschen Ehrgeiz, Doping undsoweiter – der Typ war mir jahrelang komplett unsympathisch.

Vor einigen Wochen abonnierte ich dennoch seine Tweets, auch weil ich sonst nicht so viele Leute kenne, die Twitter nutzen. Ich wollte mal gucken, was der so schreibt. Voila: Er freut sich über sein neues Rad, er fährt seine Kinder morgens in den Kindergarten, friert sich die Finger ab beim radeln und ist stolz, dass er auch mal eine Fahrt von fünfeinhalb Stunden durchgehalten hat. Und er erzählte letzte Woche über Twitter auch seine Version von einer Dopingkontrolle. Ich weiss, dass ich davon keine Ahnung habe – aber ich hielt Armstrong bislang immer für einen Betrüger und jetzt glaube ich, a.) dass Armstrong nicht lügt und dass er b.) doch eigentlich ein Nice Guy ist.

Wie kommt das? Ich bin 40. Ich definiere mich auch über meine Abneigung zu bestimmten popkulturellen Themen. Den F.C. Bayern, Johannes B. Kerner, die Musik von Bonjovi, Werbung von Scholz & Friends, die Bild-Zeitung – all das mag ich nicht. Lance Armstrong mochte ich jahrelang genausowenig – und jetzt, nach ein paar Wochen twitterlesen, plötzlich doch.

Schon komisch, das alles – und eigentlich eher ein Thema fuer den Feuilleton.

Egal. Vor drei Wochen wollte die Betreuungslehrerin unseres Schülerpraktikanten Simon Schwär nach der Hälfte seines Praktikums wissen, ob denn alles klappen würde. Wir lachten viel und erzählten ihr fröhlich, dass gar nichts so laufen würde, wie es geplant war: Sein eigentliches Projekt hatte sich in Luft aufgelöst – dafür mußte er von jetzt auf nachher auf zwei Jobs gleichzeitig als Programmierer einspringen. Bevor die Dame ging, machten wir noch Witze darüber, dass Simon auch noch unsere Kaffeemaschine an Twitter anschliessen müsste, bevor sein Praktikum beendet ist.

Genau das hat er getan. Arbeitsaufwand: Zwei Tage.

Benötigte Hardware: 1 Kaffeemaschine, 1 alter Mac, 1 Pinselstil aus Holz (…als Kamerahalter), eine Webcam von Conrad (19,00 Euro) und etwas Klebefilm.

Softwareseitig funktioniert das Dings so: Die Webcam wird von “macam” angetrieben, die Bilder werden vom Terminal “wacaw” gemacht, anschliessend mit “ImageMagick” bearbeitet und verglichen und die Ergebnisse werden als Text über die Twitter API “cURL” ausgegeben. Das Ganze wird zusammengehalten von einem PHP-Script, das im Terminal läuft.

Betrachten kann man sich das Ergebnis hier: twitter.com/blankomat.

Seit gestern funktioniert es. Es gibt bereits erste Fans und Beschimpfungen – womit wir wieder bei den grundsätzlichen Fragen wären. Ist das gut? Ist es Quatsch? Meinungen gibt es viele, die Wahrheit kennt nur der Wal.

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